Mit dem Ausdruck „im Herzen der Stadt“ wird zumeist deren urbanes Zentrum umschrieben – in vielen Fällen die Altstadt. Wenn aber eine am 31.05.2018 im Industriemuseum eröffnete Sonderausstellung den Titel „Das Herz von Chemnitz. 220 Jahre Industriekultur“ trägt, dann liegt der Fokus offenbar woanders. Das pulsierende Herz ist zweifellos eines der bekanntesten Lebenssymbole. Durch die aktuelle Ausstellung, einem Beitrag zum 875. Stadtjubiläum, wird deutlich, dass und wie Chemnitz seit dem Ende des 17. Jahrhunderts durch seine industrielle Entwicklung vitalisiert ist.
„Das Herz von Chemnitz“
Mit dem Begriff „Industrie“ verbinden sich zumeist Assoziationen von Fabrikhallen, Schornsteinen, Maschinen, Fließbändern usw. Tatsächlich aber geht das Wort auf den lateinischen Ursprung „industria“ zurück, was nichts anderes als „Fleiß“ bedeutet – also eine menschliche Charaktereigenschaft, die durch welche Produktionsmittel auch immer niemals ersetzbar ist. Eher umgekehrt: Industrie kann sich gerade dort entfalten, wo diese Grundeinstellung die Gesellschaft prägt. Wie die Ausstellung facettenreich, unterhaltsam und unaufgeregt zeigt, traf und trifft das auf Chemnitz in besonderer Weise zu.
Nun neigen die Enthusiasten der Industriekultur oft dazu, die Vergangenheit zu verklären, während Gegenwart und vor allem Zukunft, also Fragen der Forschung, Innovation und technischen Weiterentwicklung aus dem Blick geraten. Dann aber besteht die Gefahr, dass sich so eine larmoyante Stimmung breitmacht, die nicht hilfreich ist – das oben angesprochene Herz der Stadt liefe Gefahr zu erkalten.
In diesem Fall aber gelingt es den Ausstellungsmachern in überzeugender Weise, den Bogen auch in die industrielle Zukunft zu spannen. Einige Chemnitzer Unternehmen haben dazu Exponate beigesteuert. Sie belegen: Das Chemnitzer Attribut „Stadt der Moderne“ trifft auf die Kultur ebenso zu wie auf die hier ansässige Industrie. Für steelconcept ist es eine große Freude, mit von der Partie sein zu dürfen.
Gezeigt wird das Detail einer Stahlkonstruktion: eine sogenannte Diabolo-Verbindung. Ihre Entwicklung steht im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben „Testturm Rottweil“ im Schwarzwald, das Anfang 2018 abgeschlossen wurde. Ein 246 m hoher Forschungsbau, in dem die ThyssenKrupp Elevator AG magnetbasierte Aufzugsysteme der Zukunft testet, ist mit einer weltweit einzigartigen Textil-Fassade ausgestattet. Denn noch nie wurde bisher Membranarchitektur in einer derartigen Höhe und Dimension installiert. Der Beitrag von steelconcept bestand in der Konstruktion und Fertigung des Stahltragwerks, das der Textilmembran Halt gibt und v. a. die wendelförmige Kontur ermöglicht. Sechs parallele Rohrstränge winden sich bis zur höchsten Spitze um den Turm. Sie bestehen aus einzelnen jeweils 18 m langen, gebogenen Abschnitten – Voraussetzung für den LKW-Transport. Die Verbindung der Rohre erfordert einen Stoß, der sich unter der überspannenden Membran nicht abzeichnet, also mit innenliegenden Schrauben. Die ideale Lösung hierfür bietet die gezeigte Diabolo-Verbindung – eine komplexe, feingliedrige Schweißkonstruktion, die nicht nur den Stabilitätsanforderungen genügen muss (einschließlich der zu erwartenden Eislast), sondern auch so beschaffen sein soll, dass sich darin kein Niederschlagswasser ansammelt.
Welche Erkenntnis folgt daraus? Nun, „das Herz von Chemnitz“ zeigt auf charmante Weise: Industriekultur kann auch Zukunft. Der Ausstellungsbesuch lohnt sich!